Andreas Böhm

Teuflische Schatten (Biografische Erzählung)
(Okt. 11 - Horlemann Verlag - 298 S. - ISBN-13: 978-3895023170 / 19,90 €)

Teuflische Schatten erzählt die dramatische Geschichte zweier mutiger Frauen in Guatemala. Auf ihrer Suche nach Glück und Liebe geraten sie in den Strudel der Gewalt, die von einer der gewalttätigsten Jugendbanden dieser Welt ausgeht, der Mara Salvatrucha. Diese Bande breitet sich seit Jahren einem Krebsgeschwürgleich von den USA bis nach Mittelamerika aus. Ritualmorde, Erpressungen und Raubüberfälle sind ihre Markenzeichen. Die junge Sandra verliebt sich in Tino, ein Mitglied der Bande, und verbringt mehrere Jahre an seiner Seite, dem Tod oft näher als dem Leben. Ihre Mutter María Bernarda stemmt sich schon früh gegen diese Beziehung, denn sie ahnt die Bedrohung für ihre gesamte Familie. Sie arbeitet mit der Polizei zusammen und nimmt sogar aktiv an Gerichtsverfahrengegen Bandenmitglieder teil. Ihren Mut muss sie im Jahr 2007 mit dem Lebenbezahlen. Für Sandra ist dies der Scheidepunkt, an dem sie ihr jahrelanges Schweigen aufgibt und endgültig mit der Mara Salvatrucha bricht. Sie sagt gegen die Mörder ihrer Mutter aus, obwohl sie weiß, dass sie damit selbst zur Zielscheibe wird. Noch heute schwebt die mögliche Rache der Mara Salvatrucha wie ein böser Schatten über ihrem Leben.Basierend auf zahlreichen Interviews,die der Autor Andreas Böhm mit Sandra López geführt hat, führt dieser biografische Bericht nach Guatemala, in ein Land, das heute unter einer der weltweit höchsten Kriminalitätsraten leidet. Der Leser erfährt vom tragischen Schicksal einer Familie, das stellvertretend ist für ungezählte andere in Mittel- und Südamerika.

  Anmerkung:
Was sich in dem Buch nicht bewegt, bewegt sich gefühlsmäßig im Leser. Wenn das Schweigen eintritt, bewegen sich die Gedanken des Lesers. Man mag kaum glauben, dass es sich um ein biografisches Tagebuch handelt, es könnte auch ein grausamer Roman sein. Doch die Realität spricht eine andere Sprache. Recherchiert man im Internet kommt die Wahrheit ans Licht. Seit Jahren haben die Banden in Guatemale und anderen Staaten in Südamerika Politik, Machthaber, Polizei und Behörden fest im Griff. Das Schicksal von Sandra ist nur eines von vielen, die sich gegen die Gewalt wehren, dennoch sind es zu wenige um Änderungen herbeizuführen. Wer sich einmal mit einer Bande eingelassen hat gehört lebenslänglich dazu und Verrat wird mit dem Tod bestraft. Selbst aus dem Gefängnis haben die Verbrecher noch Macht und oftmals sind Prozesse nur eine Farce und Mörder, Schläger und Verbecher schon nach kurzer Zeit wieder frei. Das Buch ist für einen Europäer auch eine Auseinandersetzung mit einer anderen Kultur, anderem Denken. Die Lücke zwischen Arm und Reich ist riesig. Wenn man liest, dass eine Frau mit 5 Kindern 2.000 Queztal bekommt, wenn sie in ein Zeugenschutzprogramm eintreten kann, dann sind das umgerechnet gerade mal rund 250 Euro. Doch dieses Programm bedeutet nicht gleich neue Identität und ausreichend Geld, lediglich ein anderer Wohnort wird empfohlen und das Geld fließt nach vielen Mühen der Antragsteller nur mangelhaft und für kurzfristige Zeit. Alles in diesem Land ist begrenzt. Es ist ein täglicher Kampf des Überlebens und schafft man es sind die Sonnenscheinmomente, das Glück sehr rar. Bewunderswert, dass so viele Kinder geboren werden in diese Welt und die Menschen Mut haben sie aufziehen, auch wenn manches Kind das 18. Lebensjahr nicht erreicht.

Fazit: Ein facettenreiches Buch, dass wahrscheinlich die Wirklichkeit nur an der Spitze trifft. Sehr empfehlenswert!

(10.04.12) *****

   
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© Friedrich Sulzer